Jan Rosenbaum und das vererbte Trauma

„Ein gewisses Bunkergefühl“ kommt auf im bis auf den letzten Platz gefüllten Flandernbunker. Ein Gefühl, das noch beengender wird, wenn Jan Rosenbaum dort aus seinem Buch „Ausgerechnet bei diesem Wetter – Erinnerung mit Traurigkeit beladen“ liest.

Von Jörg Meyer

Miriam und Jan Rosenbaum im Flandernbunker in Kiel, Quelle: Marco Ehrhard

Miriam und Jan Rosenbaum im Flandernbunker in Kiel, Quelle: Marco Ehrhard

Kiel. Geboren in Amsterdam kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Sohn jüdischer Emigranten erzählt er darin eindrücklich von dem Trauma der Überlebenden der Shoa, das in der zweiten Generation nachwirkt.

Während seine Großeltern in Auschwitz ermordet wurden, konnten Rosenbaums Eltern im Amsterdamer Exil überleben, weil sein Vater Martin, der schon 1933 als mit Berufsverbot belegter jüdischer Anwalt emigriert war, mit einer Deutschen verheiratet war, die heimlich zum Judentum konvertierte. Aber was heißt schon „Überleben“? Martin Rosenbaum, der von Amsterdam aus viele jüdische Überlebende bei den Wiedergutmachungsprozessen vor deutschen Gerichten, denen „wieder ehemalige Nazis als Richter vorsaßen“, als Anwalt vertrat, schwieg zeitlebens über das Trauma der Familie. An dem zerbrach er schließlich, wurde paranoid und starb 1979 in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Verarbeitung des Traumas vererbte er seinem Sohn Jan.

Letzterer wurde durch eine Begegnung mit der heute in London lebenden Auschwitz-Überlebenden Eva Schloss, geborene Geiringer, deren Buch „Amsterdam 11. Mai 1944 – Das Ende meiner Kindheit“ er aus dem Englischen übersetzte, auf das Thema aufmerksam. Auch aus diesen Buch liest das Ehepaar Rosenbaum im Flandernbunker. Denn die Geschichten der Familien Geiringer, Frank und Rosenbaum sind auf eigentümliche Weise verbunden. Eva Geiringer und ihre Mutter, die Anne Frank noch aus dem Amsterdamer Versteck kannten, suchten nach der Befreiung und einer Odyssee über Odessa bei den Rosenbaums Zuflucht.

Aber noch viel enger sind die Geschichten der Überlebenden der Shoa und ihrer Nachgeborenen über Generationen hinweg verwoben, und das ist das eigentliche Thema von Rosenbaums Buch. Während die erste Generation – Opfer wie Täter – über ihre Traumata schwiegen, sie verdrängten, ist es nun an der zweiten und dritten Generation, sie aufzuarbeiten und so „vielleicht auch zu heilen“, wie die Traumapsychologin Petra Kleinewördemann als Gast erläutert. Das gilt auch für die von der Lesung tief beeindruckten Zuhörer, denen klar wird, dass auch sie Traumata geerbt haben.